Hat es dich vielleicht gerade richtig erwischt oder du kommst einfach nicht über einen schlimmen Verrat hinweg? Ein vermeintlich vielversprechendes Exemplar mit dem früheren Aufdruck: „Den behalte ich!“ ist plötzlich zum Schürzenjäger oder Verschwindikus mutiert? Dann tanzen sicherlich erst einmal kleine, grüne Kobolde in deinem Kopf, die raten, dem abtrünnigen Wackelpudding in die Präsentationsmappe zu schütten oder seine Hosenbeine um viele Zentimeter zu kürzen.
Du hast mein tiefes Mitgefühl für deine Wut, Trauer und Empörung.
Trotzdem ist es wichtig, dass wir nach einer gewissen Zeit weiterlaufen – wenn auch noch etwas blass um die Nase und wackelig auf den Beinen. Das Urvertrauen würden wir am liebsten über Bord werfen, aber wir packen es trotzdem wieder in den Rucksack. Denn eine wichtige – wenn nicht die wichtigste – Rolle für den Aufbau liebevoller Beziehungen spielt die Fähigkeit zur Intimität, denn sie bestimmt über das Ausmaß der Liebesfähigkeit eines Menschen. Wenn du alte Verletzungen nicht hinter dir lässt und mit in die neue Beziehung schleppst, dann ist deine neue Liebe eventuell zum Scheitern verurteilt.
Intimität setzt sehr viel Vertrauen voraus. Wir müssen mutig und vertrauensvoll genug sein, um die verletzlichsten und verborgensten Seiten unseres Selbst zu offenbaren. Gleichzeitig müssen wir der Überzeugung sein, die privaten und verwundbarsten Seiten unseres (neuen) Liebespartners anzunehmen.
Wenn wir aber eine unbestimmte, unterschwellige Wut aus früheren Verletzungen in uns tragen, sind wir nicht mehr in genügendem Maße liebesfähig: Entweder die Wut richtet sich gegen uns selbst (wobei die Gefahr der Depression besteht & unser Selbstwertgefühl untergräbt) – oder gegen jemanden, mit dem wir eigentlich glücklich werden wollten.
Tiefliegender Zorn aus alten Beziehungen verzerrt die Gegenwart und bindet uns genau wieder die unerfreulichen Tage von früher. Wir wirken wie eine Kreuzung aus Lady Gaga und einem Morgenmuffel, wenn wir alte Verletzungen nicht loswerden. Die Folge ist, dass wir vielleicht gerade dem lieben Single-Nachbarn mit der Strubbelfrisur (ja, er hatte wirklich Trollinger in der Hand und ja, er sollte mal wieder zum Friseur) die Tür vor der Nase zuknallen.
Woran du diesen alten Zorn erkennst? Vielleicht äußerst du öfter einmal: „Diese Sch…kerle sind doch alle gleich!“, oder „Früher oder später werden alle Männer untreu!“, oder aber: „Männer sind doch ohnehin emotional behindert“. Jetzt stelle dir vor, du gehst mit einem Mann aus, der sich ähnlich über Frauen äußert… Nicht einmal dein Lieblingsschokoladenpudding würde dir mit einem gemeinsamen Essen mit ihm noch schmecken, da könnte das Restaurant noch so schön sein.
Was kannst du nun tun, um diesen alten Groll loszuwerden (wenn ein Partner aus der Vergangenheit dich verletzt, betrogen oder gedemütigt hat)?:
Hier mein 5-Schritte-Plan:
(Nein, es ist nicht das Mantra: „Möge er für immer mit Warzen übersät sein“ und auch nicht: „Reibe die Heizstäbe seines Herdes mit Kerzenwachs ein“;-)
Alte Verletzungen loslassen – Schritt 1: Die Erkenntnis
Spüre ganz genau auf, was neue Wut sein könnte und was früherem Zorn zuzurechnen ist. Schreibe dir „alte Verletzungen“ von der Seele, bis du völlig ausgepumpt bist. Wenn du nicht so gern schreibst, malst du den „Dämon“ mit verschiedenen Farben auf. Wie sieht er aus? Wie groß ist er? Falls du dich lieber bewegst, dann führe einen regelrechten „Veitstanz“ auf. Versuche das Ausmaß deiner Wut einzuschätzen und bewerte sie erst einmal nicht.
Alte Verletzungen loslassen – Schritt 2: Die Wut analysieren
Wut ist ein Schutzmechanismus der Natur. Er verschleiert das eigentliche Gefühl: einen unsagbaren Schmerz. Wir wurden gekränkt und das tut weh – es quält uns immer weiter. Deshalb schreibe nun auf oder durchschaue die Kränkung: Wer hat dich wie tief gekränkt und verletzt? Lass die Trauer darüber zu.
Alte Verletzungen loslassen Schritt 3: Der Kränkung Ausdruck verleihen
Schreibe dem, der dich so sehr gekränkt hat, einen Brief. Fasse deine Trauer in Worte, schreie oder weine. Sende den Brief nicht ab, da die/der Empfänger die Sachlage nicht mehr nachvollziehen kann oder nicht versteht. Außerdem geht es ja um DEINE Gefühle, du möchtest heilen.
Alte Verletzungen loslassen Schritt 4: Die Kränkung verzeihen
Nun kommt die Königsdisziplin: Das Verzeihen. Es soll die Person nicht von Schuld freisprechen, das Verzeihen dient allein dir. Am Anfang ist es sicher nicht leicht – aber sage dir, dass du ansonsten immer verletzt bleiben würdest. Sprich dein Mantra: „Du hast mir furchtbar weh getan, aber ich verzeihe dir und befreie mich von diesem Schmerz“, bis du es wirklich verinnerlicht hast. Vielleicht zelebrierst du auch ein kleines Ritual: Schreibe auf ein Stück Papier ein bestimmtes „Wutwort“, wie z.B. „Untreue“ oder „Emotionaler Missbrauch“, je nachdem, was dich gekränkt und verletzt hat. Dann verbrennst du jedes Stück im Kamin. Alternativ kannst du die Worte auch auf Steine schreiben und dann im Garten vergraben.
Alte Verletzungen loslassen Schritt 5 Achtsamkeit
Manchmal kommt der Dämon des Schmerzes und der Wut wieder. Sei vorsichtig, wenn du wieder in alte Reaktionsmuster verfällst. Das ist nicht schlimm, du bist auf dem Weg – da kannst du dich am Anfang auch einmal verlaufen. Kehre aber immer wieder auf den Pfad der Wachsamkeit zurück und frage dich, ob deine Reaktion auf eine (harmlose) Handlung deines Partners der Situation angemessen ist.
Das alles hilft dir (noch) nicht, weil du eine intensive Trauerarbeit zu bewältigen hast? Für Mentoring/Coaching stehe ich dir gern zur Verfügung.
Sollte es so schlimm sein, dass du drohst, in eine Depression zu rutschen, kann dir diese
Seite bei der PsychologInnensuche helfen.
Wenn es dir auch manchmal so geht oder du Beispiele hast, dass du vielleicht in einer neuen Beziehung verbittert oder kratzbürstig reagierst und du dir danach sagst: „Das wollte ich gar nicht, ES hat etwas mit mir gemacht…“, dann schreibe es gern in die Kommentare.
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